Was wir aus zwei Jahren turbulenter Märkte lernen können.
Seit dem Sommer 2021 haben die starke Rohstoffnachfrage nach dem Ende der Coronapandemie, der Schock für die Märkte durch den Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise die Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Betriebsmittel in ungeahnte Höhen katapultiert. Seit Beginn des Jahres 2023 können wir nun beobachten, wie die Märkte kontinuierlich auf die Ausgangsniveaus von 2021 zurückkehren. In diesem Rundschreiben sollen nun kurz zentrale Einflussfaktoren auf die Preisbildung für Stickstoff, Phosphor und Kali besprochen, sowie Schlüsse aus den Marktkapriolen der vergangenen zwei Jahre gezogen werden.

Für die sehr energieintensive Herstellung von stickstoffhaltigen Düngemitteln wird Erdgas nicht nur als Energieträger, sondern auch als Reaktionspartner benötigt. Daher ist die Entwicklung der Preise für Stickstoffdünger unmittelbar mit der Entwicklung des Erdgaspreises verknüpft. Russlands Rolle als größter Erdgasexporteur der Welt sowie die starke Abhängigkeit Westeuropas und allen voran Deutschlands von russischem Erdgas, haben durch zunehmende Unsicherheit über die künftige Versorgung Westeuropas mit Energie zu den rasanten Preisanstiegen geführt. Wir alle erinnern uns in diesem Zusammenhang an Diskussionen über kalte Wohnzimmer, Herunterfahren von Industrieanlagen und Düngewerken sowie die Frage, wie es um die Verfügbarkeit von stickstoffhaltigen Düngemitteln bestellt ist. Die meisten dieser Befürchtungen haben sich im Nachhinein glücklicherweise nicht bewahrheitet. Hohe Preise für Gas haben dazu geführt, dass die Kapazitäten in nahezu allen anderen Herkunftsländern innerhalb und außerhalb Europas ausgedehnt worden sind. Parallel dazu ist die Erdgasnachfrage in den ersten 9 Monaten 2023 um 9% gesunken, da energieintensive Industrieprozesse gedrosselt wurden, verstärkt andere Energieträger wie bspw. Flüssiggas eingesetzt wurden sowie im privaten und öffentlichem Bereich Einsparprogramme nicht zuletzt aus wirtschaftlichem Interesse umgesetzt wurden. Auch auf dem Düngemarkt mussten ggfs. Abstriche bei der Verfügbarkeit einzelner Düngemittel gemacht werden, schlussendlich konnte in der Hauptdüngesaison aber jeder Betrieb, der dies wollte, auch Dünger bekommen. Sinkende Weizenpreise sowie die großen Unterschiede zwischen den Vorkaufspreisen von Dünger für 2023 und den Saisonpreisen 2023 haben im weiteren Verlauf dazu geführt, dass für das Frühjahr 2024 insgesamt sehr wenig Dünger vorgekauft worden ist, national wie international. Auf Grund dieser schwachen Nachfrage sahen sich die Düngerhersteller gezwungen die sinkenden Produktionspreise durch den Rückgang des Erdgaspreises auch an die Landwirtschaft weiterzugeben.
Die Preise für Phosphorhaltige Düngemittel haben sich zwischen dem Sommer 2021 und dem Peak im Jahr 2022 ebenfalls verdreifacht. Dies hängt aber nur in Teilen (Ammonium im DAP) mit dem Anstieg der Gaspreise zusammen. Vornehmlich stiegen die Phosphorpreise auf Grund der Tatsache an, dass Russland zu den wichtigsten Phosphatexporteuren der Welt zählt und mit Beginn des Krieges in der Ukraine die Versorgungssicherheit mit P-haltigen Düngemitteln in Frage gestellt wurde. Auch hier haben die sinkenden Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu einem deutlichen Rückgang der Nachfrage geführt. Insbesondere in Asien ist der Einsatz P-Haltiger Düngemittel 2023 deutlich zurückgegangen. Auch die russischen Phosphatmengen sind nicht vom Weltmarkt verschwunden, sondern bedienen nun überwiegend die brasilianische und indische Nachfrage. Die Preise für Phosphatdünger haben sich aber dennoch noch nicht in dem Maße normalisiert wie die Stickstoffpreise, da chinesische und marokkanische Exportbeschränkungen das Angebot auf dem Weltmarkt knapphalten.
Russland und Weißrussland repräsentieren gemeinsam mit Kanada ca. 70% der weltweiten Kaliumexporte. Während Russland im Zuge der Sanktionen gegen den Westen hohe Exportsteuern auf Kali erhoben hat, haben die baltischen Staaten den weißrussischen Exporteuren den Zugang zu ihren Ostseehäfen verwehrt. Die hieraus entstehende Angebotsverknappung führte dazu, dass Kali sich mit den anderen Nährstoffen zusammen ebenfalls im Preis verdreifachte. Obwohl die Sanktionen auf beiden Seiten noch Bestand haben, hat sich die Kaliumverfügbarkeit als besser herausgestellt, als erwartet worden ist. Die belarussischen Kaliummengen sind nicht gänzlich vom Markt verschwunden, sondern werden verstärkt über den Schienenweg und russische Häfen nach China geliefert. Dadurch werden kanadische Kapazitäten frei, die nun zusammen mit der inländischen Produktion die europäische Nachfrage bedienen.
Getrieben durch die starken Anstiege von Stickstoff- Phosphor- und Kalipreisen hatten sich im Frühjahr 2023 ebenfalls die Preise für organische Düngemittel, abhängig von der regionalen Verfügbarkeit, verdoppelt. Neben den gestiegenen Nährstoffwerten der Organik haben sich hier auch die deutlichen Anstiege der Dieselkosten ausgewirkt. Im Herbst 2023 und im Frühjahr 2024 hat sich dieses Bild ebenfalls vollständig gedreht. Hierzu haben neben den beschriebenen Preisrückgängen der Nährstoffe insbesondere die Wetterbedingungen in der zweiten Jahreshälfte 2023 und zu Beginn des aktuellen Jahres beigetragen. Vielerorts konnten schon im Herbst nicht die geplanten Mengen ausgebracht werden, da die Befahrbarkeit der Flächen schlicht nicht gegeben war. Hohe Winterniederschlage erschweren bislang die Befahrbarkeit der Flächen und haben manches Lager zusätzlich gefüllt. Wer heute befahrbare Flächen oder noch freien Lagerraum hat, wird sicherlich zu attraktiven Konditionen Organik aufnehmen können.
Die angegebenen Referenzpreise speisen sich aus den wöchentlichen Veröffentlichungen der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Zusätzlich haben Sie die Möglichkeit, im unteren Bereich der Datei, Ihnen vorliegende Angebote für organische oder mineralische Nährstoffe auf Ihre Attraktivität hin zu prüfen und zu vergleichen. Dass sich dies lohnt, zeigen allein schon die Entwicklungen der Einzelnährstoffpreise für Stickstoff im Kalkammonsalpeter (KAS) und Harnstoff.

Während kurz vor dem Preisanstieg nahezu kein Unterschied zwischen KAS und Harnstoff vorlag, betrug der Unterschied in der Spitze über 1 €/kg N! Auch heute beträgt die Differenz zwischen stabilisiertem Harnstoff und KAS noch über 10 ct/kg N. Während an diesem Beispiel die Einzelnährstoffpreise noch relativ einfach zu vergleichen sind, fällt dies bei den immer neuen Produkten und Düngermischungen, die im Handel angeboten werden, zunehmend schwerer. Nutzen Sie hierfür gerne das von uns zur Verfügung gestellte Excel Tool.
Fazit:
Nach zwei Jahren extremer Marktvolatilität auf den Düngermärkten lässt sich Folgendes festhalten:
Die Lieferketten für Dünger haben sich als robuster erwiesen, als wir es alle befürchtet haben.
Die russischen Mengen sind nicht vom Markt verschwunden, sondern landen nur nicht mehr in Westeuropa.
Organische Düngemittel sind und waren häufig eine preisgünstige Bezugsquelle für N, P und K.
Düngermärkte und Düngermittel werden zunehmend intransparenter. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit unserem Excel-Tool eine Hilfestellung in volatilen Zeiten geben können.